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Der individuelle Karrierepfad zum Nutzen des Unternehmens

oder: Sind wir hier bei "Wünsch dir was?". In einer Arbeitswelt in der sich das Stellenkarussel immer schneller dreht und es zunehmend an Fachkräften und nicht an Arbeitsplätzen mangelt, sind Personalstrateg:innen fieberhaft auf der Suche nach wirksamen Maßnahmen, um Wettbewerbsvorteile und unternehmerische Resilienz zu wahren. Ratlosigkeit ist dabei häufig ihr Begleiter.

Ein Beitrag von Dipl.- Ing. Florian Weinberger BSc, EWC EDELWEISS CONSULTING GmbH

Karriere – quo vadis?

Das gesellschaftliche Bild der Erwerbstätigkeit hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv und immer schneller gewandelt. Die traditionelle Karriere, die vom Berufseintritt bis zur Pensionierung im selben Unternehmen verläuft, verliert an Bedeutung. Den freiwerdenden Raum nimmt eine Vielzahl von Karrierepfaden ein. Nunmehr betreten das Personalbüro:

  • Personen, die regelmäßig das Unternehmen wechseln,
  • Personen mit Auslandserfahrung,
  • Quereinsteiger:innen aus anderen Berufsfeldern,
  • Personen die aus Selbstständigkeit in ein Dienstverhältnis wechseln,
  • Personen mit mehreren parallelen Beschäftigungsverhältnissen,
  • erfahrende Graurücken mit Routine und Expertise,
  • (über-) motivierte Jungstars mit unkonventionellen Zugängen
  • und viele andere mehr.

Personalentwickler:innen und Führungskräfte sind dadurch mit neuen Fragen konfrontiert. Zu den bislang zentralen Punkten wie Aufgabenbereiche, Kompetenzen und Qualifikationen von potenziellen Mitarbeiter:innen gesellen sich tiefergreifende Fragen:

  • Wie will das Unternehmen mit den individuellen Karrierepfaden und den dabei gewonnenen Erfahrungen bestmöglich umgehen?
  • Wie also lassen sich Unternehmensziele und Mitarbeiter:innenwünsche zu beiderseitigem Nutzen unter einen Hut bringen?

Viele Personalstrateg:innen finden hier (noch) keine Antwort. Egal ob verschriftlicht oder in den Köpfen der verantwortlichen Personen, Personalstrategien beruhen mehrheitlich auf dem Grundsatz: Karriere geschieht Schritt für Schritt linear innerhalb des Unternehmens und nicht zick zack in diversen Berufskontexten.

In der Folge bleiben viele auf diese Art erworbene Kompetenzen unberücksichtigt und diese Mitarbeiter:innen können sich weder im eigenen noch im Interesse der Firma optimal entfalten. 

Wo können wir besser und effizienter werden?

Diese Frage beschäftigt Unternehmer:innen buchstäblich rund um die Uhr. Im Fokus stehen oftmals akribische technische Optimierungen bei Geräten oder vertragliche Optimierungen mit Partner:innen. Auch Mitarbeiter:innen geraten immer wieder ins Visier der Optimierung. Meistens allerdings nur in Arbeitsprozessen und Arbeitsverträgen.

Nur selten stellen sich Unternehmen die Frage, ob sich Mitarbeiter:innen …

  • … mit ihren erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten …
  • … mit ihren individuellen Interessen …
  • … im Rahmen ihrer aktuellen Lebensumstände …

… bestmöglich im Unternehmen einbringen können.

Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass die Schäden für das Unternehmen enorm sein können. „Quiet Quitting“ oder „Big Quit“ prägen neuerdings die Schlagzeilen am Arbeitsmarkt und viele Personalverantwortliche fragen sich: „Wo sind all die Menschen hin?“

Was als plötzliches Phänomen erscheint, ist in Wirklichkeit das Zutage treten innerer Prozesse, die seit geraumer Zeit arbeiten. Niemand wird seriöser Weise annehmen, dass von heute auf morgen fast die Hälfte der weltweiten Arbeitnehmer:innen entscheidet, sich ernsthaft mit der Möglichkeit eines Jobwechsels auseinanderzusetzen1. Vielmehr zeigt sich darin, wie weit jahrzehntelang gültige Personaltheorien und die realen Erwartungen von Mitarbeiter:innen mittlerweile auseinanderklaffen.

Unternehmen sind heutzutage gut beraten, gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen auf die individuellen Hintergründe, Lebensumstände und Ziele zu schauen. Es ist sinnvoll, gemeinsam Lösungen für vorübergehende Phasen zu finden oder auch langfristig neue Aufgabenbereiche zu entwickeln. Starre Personalstrategien sollten der Vergangenheit angehören.

Flexibilität bedeutet nicht „Wünsch dir was…“

Home-Office, flexible Arbeitszeiten oder Workation klingen in der Tat nach einem „Wünsch dir was“-Kanon der Mitarbeiter:innen. Ein Perspektivenwechsel erlaubt eine andere Interpretation, nämlich jene von Menschen, die sich vor dem Hintergrund ihrer Lebensrealität die Frage stellen: „Wie kann ich hier bestmöglich meine Aufgaben erfüllen?“

Unter dieser Prämisse klingt Flexibilität deutlich spannender. Mitarbeiter:innen, die selbst die Initiative ergreifen, ihr Arbeitsumfeld so zu gestalten, dass sie ihre Leistung optimal erbringen können. Die von Führungskräften so oft ersehnte Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter:innen scheint damit zum Greifen nah. Im Umkehrschluss bedeutet das dennoch nicht, dass jede Idee unhinterfragt und um jeden Preis umgesetzt werden sollte. Die Bereitschaft, einen Versuch zuzulassen, gepaart mit ehrlicher Reflexion des Ergebnisses lohnt der potenzielle Erfolg aber allemal.

Weshalb Flexibilität in manchen Unternehmen leichter gelingt und was wir davon lernen können

Augenscheinlich gelingen Individualisierung und Flexibilisierung in manchen Unternehmen und Branchen leichter als in anderen. Oft (aber nicht immer) sind es eher kleinere, projektorientierte Unternehmen, die größere Spielräume gewähren. Es liegt auf der Hand, dass Führungskräfte dort verhältnismäßig leicht mitverfolgen können, ob der Output der Mitarbeiter:innen ausreichend ist, oder nicht. Erfolgreich umgesetzte Projekte oder die Kontakthäufigkeit in kleineren Teams geben Führungskräften eine Vielzahl an Möglichkeiten, das Leistungsniveau von Mitarbeiter:innen im Blick zu behalten.

Diese ergebnisorientierte Sichtweise lässt sich aber auch auf größere Strukturen und Unternehmensbereiche mit internem Dienstleistungscharakter übertragen. Denn bekanntlich passt die Leistung für die Endkund:innen nur, wenn wirklich alle Räder im Unternehmen ineinandergreifen.

Wieder gibt die gleiche Frage den Ausschlag: „Was ist mein Beitrag als Mitarbeiter:in in diesem Unternehmen?“ So trivial diese Frage im ersten Moment erscheint, wenn Führungskraft und Mitarbeiter:in sie gemeinsam beantworten wollen zeigt sich schnell, wie unterschiedliche Ebenen in einem Unternehmen aneinander vorbeiarbeiten.

Vielleicht wird diese Frage deshalb in vielen Unternehmen gemieden. Dabei wäre gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten die Frage nach dem Beitrag der Mitarbeiter:innen und Teams zum Unternehmensziel ebenso wichtig wie die Frage, welchen Beitrag das Unternehmen am Markt leistet. Sie erlaubt, die (Human-) Ressourcen des Unternehmens bestmöglich einzusetzen und dadurch den Output zu steigern. Ein offener Umgang mit dieser Frage auf allen Ebenen zeigt aber auch den Mitarbeiter:innen, wie wichtig ihr individueller Beitrag für das Unternehmen ist. Und schlussendlich lässt es die ehrliche Auseinandersetzung mit dieser Frage zu, die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen hinter den vermeintlichen Wünschen zu erkennen. Im Versuch, neuen Trends der Arbeitswelt Rechnung zu tragen, werden oft Pauschalrezepte wie Home-Office oder die 4-Tage-Woche über die Mitarbeiter:innenschaft gestülpt. „Ruhe in der Firma“ und die Positionierung als Arbeitgeber:in am Puls der Zeit sind dazu Motivation. Tatsächlich werden dadurch aber nur Symptome und diese auch nur vorübergehend gelindert.

Anstatt mit hohem Aufwand umfassende Gesamtlösungen auszurollen, fördert die individuelle Vereinbarung von erwarteten Ergebnissen in Verbindung mit dafür benötigten Rahmenbedingungen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, bei der die Bedürfnisse und Wünsche von Arbeitgeber:in und Mitarbeiter:innen gleichermaßen adressiert und in Einklang gebracht werden.

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