Fachlich gut, aber sozial krottenschlecht – warum dieses Verhalten Change-Prozesse in KMU gefährdet
Die HRM-Experts Group ist ein Zusammenschluss von Unternehmer*innen, die oberösterreichische Firmen in Führungs- und Personalentwicklung begleiten. Jeden Monat stellen wir ein Mitglied dieser Expertengruppe vor. Die Unternehmensberaterin des Monats November ist Esther Gelbenegger, MBA - und sie widmet sich einem Thema, das aktuell viele Unternehmen beschäftigt.
Denn Veränderungen gelingen nicht durch Technologie allein. Sie gelingen, wenn Menschen offen sprechen, miteinander lernen und Unsicherheiten teilen.
Damit sind wir beim entscheidenden Faktor: psychologische Sicherheit.
Psychologische Sicherheit – der unsichtbare Erfolgsfaktor im Change
Psychologische Sicherheit bedeutet, dass Mitarbeitende ohne Angst vor negativen Folgen Fragen stellen, Fehler zugeben oder Zweifel äußern können. Gerade in Transformationsphasen ist das zentral: Wer sich nicht traut zu sagen, dass etwas unklar ist, macht Fehler im Stillen – und bremst Veränderung.
Studien von Amy Edmondson zeigen, dass Teams mit hoher psychologischer Sicherheit schneller lernen und besser mit Unsicherheit umgehen. Transformation braucht genau dieses Lernverhalten. Ohne psychologische Sicherheit entsteht nur eines: Schweigen.
Warum „sozial krottenschlecht“ Veränderung blockiert
In Change-Prozessen steigt die Anfälligkeit für Unsicherheiten und Missverständnisse. Ein Teammitglied mit abwertendem, dominantem oder ungeduldigem Verhalten löst typische Reaktionen aus:
- Fragen werden nicht gestellt
- Fehler werden verdeckt
- Ideen bleiben unausgesprochen
- Sorgen werden verschwiegen
Ein einziger „sozial schwieriger“ Player kann damit ein ganzes Projekt verlangsamen – nicht fachlich, sondern kulturell. Und Transformation ist Kulturarbeit.
Warum Führungskräfte oft wegschauen – und warum das teuer wird
Viele Führungskräfte tolerieren unsoziales Verhalten, solange jemand fachlich stark arbeitet. Gerade unter Zeitdruck scheint das bequem. Doch es ist einer der häufigsten Gründe, warum Change-Prozesse scheitern:
- Teams ziehen sich zurück
- Konflikte werden unsichtbar – aber intensiver
- die Zusammenarbeit bröckelt
- Unzufriedenheit steigt
- stille Kündigungen nehmen zu
Kurzfristige Fachkompetenz überstrahlt dann langfristige Kulturkosten. Ein Fehler, den KMU sich in Transformationsphasen kaum leisten können.
Warum Unternehmen besonders sensibel reagieren
In Unternehmen wirkt jedes Verhalten spürbar – besonders dort, wo Teams eng miteinander arbeiten und aufeinander angewiesen sind.
- Wenn zwei Mitarbeitende schweigen, merken es alle.
- Wenn ein Konflikt nicht angesprochen wird, beeinflusst er das gesamte System.
- Wenn jemand Angst hat zu fragen, wird daraus schnell Stillstand.
Change braucht daher weit mehr als Tools und Prozesse – er braucht ein Arbeitsklima, in dem Menschen ihre Stimme heben dürfen.
Was Führungskräfte tun können
Ein gelingender Wandel braucht keine Einzelhelden, sondern ein Team, das miteinander lernt. Führungskräfte können viel dazu beitragen:
- Offene Fragen stellen („Was irritiert euch? Was fehlt euch?“)
- Respektvolle Kommunikationsregeln etablieren
- Unsoziales Verhalten klar adressieren – auch bei High Performern
- Fehler und Lernschritte sichtbar machen
- Soziale Kompetenz messbar in Erwartungen integrieren
- Rituale für Austausch und Reflexion fördern
Jede unausgesprochene Frage ist ein Risiko. Psychologische Sicherheit reduziert genau dieses Risiko.
Ein Satz als Chance
Der Satz „Fachlich gut, aber sozial krottenschlecht“ ist kein persönliches Urteil. Er ist ein Hinweis auf eine Kulturbarriere, die Veränderung massiv behindert.
Psychologische Sicherheit ist kein Wohlfühlthema, sondern das Fundament jeder gelingenden Transformation. Denn Teams, die sich sicher fühlen, reden miteinander. Teams, die reden, lernen. Und Teams, die lernen, verändern sich erfolgreich.
Sie möchten wissen, wie psychologische Sicherheit gezielt aufgebaut werden kann?
Verfasserin: Esther Gelbenegger, MBA